Das Anforderungsprofil in der Stellenbeschreibung: Keine Angst, Du musst nicht alle Anforderungen erfüllen

Das umfassende Anforderungsprofil in mancher Stellenausschreibung kann einschüchtern. Warum Du nicht jede Anforderung erfüllen musst, erfährst Du hier.

Kennst Du diese Bewerber-Situation? Auf den ersten Blick gefällt Dir die Beschreibung für eine neue Stelle richtig gut. Du hast schon fast alles für die Bewerbungsunterlagen vorbereitet, als Dir Zweifel kommen. Beim genaueren Durchlesen wirst Du sehr unsicher, ob Du das Anforderungsprofil der Stellenausschreibung erfüllst.

Da wird etwa jemand gesucht, der gerade seinen Abschluss von der Universität in der Tasche hat und dennoch mehrere Jahre Berufserfahrung aufzuweisen hat. Du kommst gerade von der Uni. Führungs- und Projektmanagementkompetenzen sind gefragt und Fremdsprachenkenntnisse gleich in mehreren Sprachen. Das bringst Du nicht alles nachweisbar mit. Musst Du tatsächlich alle diese Voraussetzungen haben, um Dich auf die Stelle zu bewerben? Wie kannst Du herausfinden, welche Bedingungen in Anforderungsprofilen als zwingend angesehen werden und welche ein „nice to have“ sind?

Wir geben Dir in diesem Beitrag einige Hintergrundinformationen zu Anforderungsprofilen. Es wird Dir so leichter fallen, schnell zu erkennen, was hinter den einzelnen Anforderungen steckt. So kannst Du besser entscheiden, wann es sich lohnt sich zu bewerben und wann besser nicht.

Was steckt hinter einem umfassenden Anforderungsprofil bei der Ausschreibung einer Stelle?

In der HR-Abteilung von Unternehmen geht man bei Stellenausschreibungen gern aufs Ganze und füllt das Anforderungsprofil in der Stellenausschreibung mit vielen anspruchsvollen Voraussetzungen. Dahinter steht eine bestimmte taktische Systematik. Sie lässt sich in aller Kürze so beschreiben, dass bewusst fast alle wünschenswerten Voraussetzungen und Anforderungen aufgenommen werden, die für die ausgeschriebene Stelle denkbar sind. Die Recruiter vertrauen dabei auf einen einfachen Mechanismus:

Gänzlich unpassende Bewerber werden durch das umfassende Profil von einer Bewerbung meist abgeschreckt. Damit entsteht ein gewisser Schutz vor einer Bewerberflut. Diese zu vermeiden, das ist insbesondere für große Unternehmen unerlässlich, um überhaupt effektiv mit Bewerberprozessen umgehen zu können.

Die verbleibenden Kandidaten, die sich trotz der hohen Ansprüche bewerben, passen in der Regel auch nicht zu 100 % auf das Profil. Es ergibt sich dann aber in der Bewerbungspraxis eine interessante Mischung aus den Voraussetzungen, die der Bewerber erfüllt und anderen, möglicherweise zusätzlichen Qualifikationen, die er individuell mitbringt. Das schafft für die Personalabteilung interessante Möglichkeiten, einen aus ihrer Sicht idealen Kandidaten aus der Bewerberschar auszuwählen.

Für Dich bedeutet es, dass in der Regel kein Recruiter erwartet, dass Du alle Voraussetzungen in Anforderungsprofilen erfüllen wirst. Wie aber lässt sich herausfinden, welche Voraussetzungen vom Unternehmen als zwingend angesehen werden? Wie gehst Du im Bewerbungsprozess mit Anforderungen in der der Stellenbeschreibung um, die Du (noch) nicht erfüllst?

Anforderungsprofile lesen, verstehen und interpretieren

Wenn Du einmal erkannt hast, dass hinter umfassenden Anforderungsprofilen in Stellenausschreibungen keine Schikanen, sondern taktische Erwägungen stehen, wirst Du unbefangener mit einer Stellenausschreibung umgeben. Nachdem Du Dich von Deinem ersten Schrecken angesichts der vielen Voraussetzungen erholt hast, lohnt sich der zweite, geschulte Blick auf das Anforderungsprofil. Danach kannst Du die Entscheidung treffen, ob sich eine Bewerbung für Dich lohnt oder nicht.

Beim genauen Lesen einer Stellenanzeige wirst Du die versteckten und auch recht deutlichen Hinweise erkennen, die eine Unterscheidung in zwingende und nicht verbindliche Anforderungen für die Stelle erlauben. Hier kommt es auf die genauen Formulierungen an. Mit Zusätzen wie „zwingend erforderlich“ oder „der Voraussetzung, dass…“ sowie „vorausgesetzt“ wirst Du auf die Voraussetzungen hingewiesen, die das Unternehmen regelmäßig als zwingend ansieht.

Die weniger verbindlichen Voraussetzungen verstecken sich oft hinter Wendungen wie „idealerweise“, „es ist wünschenswert“ oder „gern“. Wenn Du die Stellenanzeige auf diese Unterschiede hin analysiert hast, hast Du bereits ein klareres Bild davon, was das Unternehmen tatsächlich von Dir erwartet.

Hier findest Du weitere Tipps dazu, wie Du eine Stellenanzeige richtig liest:

Dich selbst einschätzen und Dich ins rechte Licht rücken

Du erfüllst die zwingenden Voraussetzungen im Anforderungsprofil und auch noch einige der wünschenswerten Anforderungen? Gratulation, es wird Dir sehr wahrscheinlich gelingen, die Personalentscheider zu beeindrucken. Was aber, wenn es doch noch die eine oder andere kleinere Lücke bei den mitgebrachten Voraussetzungen gibt, Du die Stelle aber sehr attraktiv findest. Solltest Du in diesem Fall eine Bewerbung wagen oder von vornherein verzichten?

Es lassen sich keine Standardempfehlungen für diese Situation geben. Da es aber nicht einfach ist, attraktive Stellen zu finden, solltest Du nicht zu schnell aufgeben. Für Deine Bewerbungschancen kommt es hier auch auf Dein Selbstbewusstsein und auf Deine Fähigkeit an, Deine vorhandenen Kompetenzen, Deine Qualifikationen und Deine Persönlichkeit ansprechend zu präsentieren. Fehlt Dir beispielsweise eine Kernkompetenz, die im Anforderungsprofil als zwingend angesehen wird, kannst du möglicherweise darauf hinweisen, dass Du Dir diese Fähigkeit gerade erarbeitest.

Vielleicht kannst Du bei einer wünschenswerten Voraussetzung, die Du noch nicht beherrscht, auch etwas einbringen, was Du besonders gut beherrschst und was Du selbst für diese Tätigkeit als hilfreich ansiehst. Hier heißt es, nicht zu schüchtern sein, um Deine Fähigkeiten und Talente ansprechend zu präsentieren. Warum es Dir im Bewerbungsprozess sogar nutzen kann, offen und ehrlich mit noch fehlenden Kompetenzen aus der Stellenanzeige umzugehen, erfährst Du im nächsten Absatz.

Es mangelt Dir an Selbstbewusstsein in Bezug auf Deine Fähigkeiten? Vielleicht können Dir die Tipps aus dem folgenden Video helfen, Dein Selbstbewusstsein zu stärken:

Wie aus vermeintlichen Schwächen mit Blick auf das Anforderungsprofil persönliche Stärken werden

Versetze Dich einmal in die Rolle des Recruiters oder Personalreferenten. Wenn Du die Wahl zwischen mehreren Bewerbern hast, wen würdest Du würdest Du eher berücksichtigen: Denjenigen, der in der Bewerbung vollmundig beschreibt, alle Voraussetzungen im Anforderungsprofil der Stellenbeschreibung zu erfüllen und perfekt zu sein?

Oder den Bewerber/die Bewerberin, die sich zwar ebenfalls ansprechend präsentieren und ihre Stärken herausstellen, aber ebenso ehrlich mit noch vorhandenen kleinen Lücken bei den Voraussetzungen umgehen? Die dann auch entsprechend ihre Bereitschaft zeigen, die eine oder andere, in der Stellenausschreibung erwähnte Kompetenz zeitnah zu erwerben? Wenn Du bereits über ein bisschen Menschenkenntnis verfügst, wirst Du Dich für den ehrlicheren und offeneren Bewerber eher begeistern.

In der Regel verfügen Recruiter über die entsprechende Menschenkenntnis. Sie sehen das Anforderungsprofil in der Stellenausschreibung auch als einen Test für die individuelle und charakterliche Ausstattung eines Bewerbers. Personalexperten wissen, dass es den perfekten Bewerber genauso wenig gibt wie den perfekten Menschen. Deshalb könnten sie eher misstrauisch werden, wenn ein Bewerber zu makellos und „glatt“ auf das Anforderungsprofil passt.

Außerdem werden sich die Personalfachleute im Unternehmen immer fragen, wie Du mit zukünftigen Herausforderungen umgehen wirst, wenn sich Schwächen oder Lücken in Deinen Fähigkeiten zeigen. Diese werden ohnehin auftreten, weil Du Dich auf einer Stelle weiter entwickeln wirst und zusätzliche Anforderungen auf Dich zukommen werden. Dabei kann und wird es sich um Voraussetzungen handeln, an die man in der Stellenanzeige noch gar nicht denken konnte und die deshalb dort nicht erwähnt waren.

Sehe deshalb Deine Bewerbung auch als einen Testlauf für Deine Ehrlichkeit und Deine Integrität im Umgang mit noch fehlenden Qualifikationen an. Diesen Punkt solltest Du insbesondere als Berufsanfänger immer im Auge behalten.

Fazit: Das Anforderungsprofil in der Stellenbeschreibung ist nicht unwichtig, es ist aber kein Gesetz

Indem Du es verstehst, ein Anforderungsprofil zu lesen und zu analysieren, zeigst Du bereits einen professionellen Umgang mit Stellenausschreibungen und mit Deinen eigenen Fähigkeiten. Auch diese Kompetenz zählt, um Recruiter und Personalexperten zu beeindrucken.

Außerdem ist es sehr wichtig, wie Du in einem Bewerbungsprozess mit möglichen Lücken oder Schwächen im Hinblick auf das Anforderungsprofil in der Stellenausschreibung umgehst. Man wird es sich sehr genau ansehen, wie Du Dich selbst darstellst und wie ehrlich Du dabei im Hinblick auf Deine Stärken und Schwächen bist. Es wird Deine Chancen eher schmälern, wenn Du es nur darauf anlegst, Dich als perfekter Bewerber darzustellen, der einfach alle Voraussetzungen der Stellenausschreibung mitbringt.

Wie Du gesehen hast, geht das Unternehmen nicht davon aus, dass jemand das Anforderungsprofil vollständig erfüllt. Es wird auch getestet, wie Du das Thema Anforderungsprofil in Deiner Bewerbung bearbeitest. Welche zusätzlichen und sehr individuellen Fähigkeiten bringst Du mit? Wie sehr bist Du bereit, manches noch dazu zu lernen.

Du musst keine Angst vor dem Anforderungsprofil in Stellenanzeigen und vor den vielen, dort erwähnten Voraussetzungen haben. Gehe angemessen selbstbewusst und doch realistisch mit Stellenanforderungen um. Ehrlichkeit mit Dir selbst und auch dem Unternehmen gegenüber zahlt sich am Ende immer aus.